*Die Rezension zu dem Thriller Eisrot enthält Amazonlinks*
Nach einem schweren Schicksalsschlag zieht der dänische Journalist Matthew Cave nach Grönland. Er arbeitet nun als Redakteur für eine Tageszeitung in der Hauptstadt Nuuk.
Gleich in den ersten Wochen wird er mit dem Pressefotograf Malik ins ewige Eis geschickt. Dort wurde auf einem Gletscher eine mumifizierte Leiche entdeckt.
Handelt es sich vielleicht um den Leichnam eines der geheimnissvollen Nordmänner, Wikinger?
Ein nordischer Ötzi?
Die beiden wittern die Story ihres Lebens.
Aber am nächsten Tag ist der Leichnam verschwunden. Der wachhabende Polizist wird fachgerecht ausgeweidet und gehäutet aufgefunden.
Die ehemals heiße Story wird auf Eis gelegt.
Mehr aus Langeweile beginnt Matthew über einen Fall aus dem Jahr 1973 zu recherchieren. Damals verschwanden mehrere junge Mädchen aus Inuit-Familien. Die Verbrechen konnten niemals aufgeklärt werden.
Gemeinsam mit der wilden und geheimnisvollen Inuit-Frau Tuuparnaq endeckt er den Zusammenhang mit verschwundenen Mädchen und dem Toten aus dem Gletscher. Er stößt auf ein Verbrechen, dass sich bis in die höchsten politischen Kreise Grönlands zieht.
Eine Verstrickung von Machtmissbrauch, sexuellem Missbrauch und Inzucht.
Inhaltsverzeichnis
Mads Peder Nordbo
Über den Autor Mads Peder Nordbo habe ich nicht allzu viel im Netz finden können. Das einzige, was ich weiß ist, dass er aus Dänemark stammt, aber die meiste Zeit in Nuuk verbringt. Der vorliegende Thriller ist wohl sein erstes veröffentlichtes Werk. Ende November 2019 soll sein zweiter Roman mit dem Titel Eisgrab erscheinen.
Auf dem Wikinger-Blog gibt es ein kleines Interview mit dem Schriftsteller, garniert mit sagenhaften Fotos aus Grönland.
Grönland – der Ort der Handlung in Eisrot
Grönland ist als größte Insel der Welt bekannt und als Schauplatz eines Thrillers recht ungewöhnlich. Deswegen möchte ich hier ein paar Informationen für dieses „grüne Land“ (so die Wikinger) am Nordpol auflisten.
Grönland wurde von Norden her 3000 v. Christus von Asien aus besiedelt. Etwa um 1000 n. Christus setzen sich die Wikinger im Südwesten der Insel fest. In der Mitte des 16. Jahrhunderts verschwanden sie wieder von dort. Der Grund dafür ist nicht bekannt und er gehört zu den größten Rätseln unter Archäologen und Historikern.
Im 19. Jahrhundert fiel Grönland unter die Herrschaft von Dänemark, die Bevölkerung wurde zwangsmissioniert und kolonialisiert, was ihr natürlich gar nicht gut getan hat. Im Jahr 1979 erhielt Grönland endlich eine Selbstverwaltung, sowie eine innere Autonomie und gilt seitdem als eine „Nation innerhalb des Königreichs Dänemark“.
Grönland hat eine Menge sozialer Probleme. Sexueller Missbrauch, extrem hohe Selbstmordraten, Körperverletzung und Mord, sowie Alkoholmissbrauch sind gerade unter den Inuits leider keine Seltenheit.
By the Way: 1986 habe ich selber Grönland besucht und habe in diesem Artikel ein bisschen was darüber berichtet.
Eisrot – Meine Meinung
Da es wenig Belletristik und noch weniger Thriller gibt, die in Grönland spielen, hatte ich mich sehr über dieses Buch gefreut. Und ich wurde auch nicht enttäuscht – zumindest während der ersten Kapitel. Danach flachte zwar nicht so sehr die Spannung, als die Story ganz gemächlich ab – wie ein Stück Treibeis im Nordpolarmeer.
Nach meiner Meinung begann dieser schriftstellerische Qualitätsabfall ab dem imposanten Auftritt der nicht weniger imposanten Tuuparnaq. Diese steht fortan dem Matthew zur Seite, wie einst der Winnetou dem Old Shatterhand.
Mal mehr, mal weniger.
Die beiden Erzählebenen in Eisrot
Das Buch besteht aus zwei Erzählebenen. Meistens befinden wir uns in der Jetztzeit. Aber zwischendurch lesen wir das Tagebuch des dänischen Polizisten Jacob, der 1973 bei den Eingangs erwähnten Fällen ermittelt hat. Diese Ereignisse waren damals äußerst tragisch und so dermaßen schrecklich, dass man es kaum glauben kann. Jacob gehörte irgendwie zu den Guten und pflegte ein relativ entspanntes Verhältnis zu den Inuits – damals keine Selbstverständlichkeit. Er wurde selbst des Mordes bezichtigt und ward wie vom Erdboden verschluckt.
Jacobs Tagebucheinträge haben mich ziemlich mitgenommen. Dennoch empfand ich diese Erzählebene als einen Fremdkörper. Besser gesagt: Die Art und Weise, wie sie in das Geschehen der Jetztzeit eingebunden wurde, war irgendwie holprig.
Ein zweiter Stieg Larsson?
Schon bei der Oxen-Trilogie hat man vermutet, dass man mit dem Verfasser Jens Henrik Jensen einen zweiten Stieg Larsson gefunden hätte. Das ist natürlich ein großer Blödsinn. Denn es gibt nur einen Larsson, genauso, wie es nur einen Nordbo oder Jensen gibt. Autoren mit ganz unterschiedlichem Stil, Anspruch und Talent.
Aber die Parallelen wären schon da!
Wir haben mit Matthew Cave einen engagierten Journalisten, vergleichbar mit Mikael Blomkvist.
Und Tuuparnaq ähnelt der Lisbeth Salander: Vom Schicksal gebeutelt, stark tätowiert, blitzgescheit und gnadenlos.
Die Story greift auch hier ein zurückliegendes Verbrechen auf, dass sich bis in die Jetztzeit zieht. Und bei dem lauter einflussreiche Männer verwickelt sind, die jegliche Aufklärung sabotieren.
Aber für einen zweiten Stieg Larsson fehlt Nordbo einfach die Tiefe und die Relevanz zu gesellschaftspolitischen Themen.
Eisrot – Mein Fazit
Das Buch Eisrot besticht mit seiner ungewöhnlichen Kulisse und der Grönlandischen Bevölkerung, die uns – ob nun Däne oder Inuit – ein wenig seltsam vorkommt.
Leider hat der Autor einige wichtige Chancen vergeben, mit diesem Thriller ein Werk mit einem gewissen gesellschaftspolitischen Anspruch zu schreiben (siehe Stieg Larsson). Unterm Strich bleibt die Story sehr oberflächlich, obwohl es die Tatsachen und die Verhältnisse innerhalb der Inuit fast schon fordern, hier tiefer zu gehen.
Hätte Nordbo diese Chancen ergriffen, hätte dies ein außergewöhnlich gutes Buch werden können. Was übrig bleibt, ist ein spannender, oft grausamer Thriller. Aber das ist ja auch schon mal was.
Wem könnte dieses Buch gefallen?
- Leser, die eine Urlaubslektüre für einen extrem heißen Badeurlaub suchen
- Fans von Krimis und Thrillern
- Menschen, die sich für Grönland interessieren
Für wen ist dieses Buch eher nicht geeignet?
- Zartbesaitete Leser, denn es gibt etliche blutige Schilderungen
- Verfrorene Leser
- Lesern, denen dieses Genre überhaupt nicht liegt
Bibliografisches
- Titel: Eisrot
- Autor: Mads Peder Nordbo, Marieke Heimburger und Kerstin Schöps (Übersetzung)
- Originaltitel: Pigen uden hud
- Taschenbuch: 416 Seiten
- Verlag: FISCHER Taschenbuch; Auflage: 2 (24. Oktober 2018)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3596701724
- ISBN-13: 978-3596701728
- Preis Stand April 2020: 8,99 Euro (Kindle), 9,99 Euro (Taschenbuch), 7,50 Euro (MP3-CD, gelesen von Maximilian Laprell)
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(Alle Angaben ohne Gewähr)
Nachtrag:
Inzwischen ist der zweite Band dieser Reihe unter dem Titel: Eisgrab erschienen. Ich überlege mir noch, ob ich ihn wirklich lesen möchte.
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Wenn ihr dieses Buch schon gelesen habt, würde ich mich dringend für eure Meinung interessieren!
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Hinweis: Dieser Artikel erschien ursprünglich auf meinem Blog Sabienes Traumwelten.
Text: Eisrot – Ein Thriller aus Grönland von Mads Peder Nordbo ©sabienes-welt.de
Alle Fotos: Eisrot – Ein Thriller aus Grönland von Mads Peder Nordbo ©sabienes-welt.de