*Diese Rezension zu dem Titel „Achtsam morden“ enthält Amazonlinks*
Der Strafverteidiger Björn Diemel hat sich erfolgreich auf die „Bäh-Mandanten“ seiner Kanzlei spezialisiert. Das bedeutet in seinem Fall, dass er rund um die Uhr für den Großkriminellen Dragan Sergowicz zuständig ist. Seine Frau Katharina zwingt ihn, ein Achtsamkeits-Seminar bei Joschka Breitner zu belegen. Denn um ihre Ehe und ihr Familienleben ist es wirklich schlecht bestellt. Anfänglich voller Widerstand zeigen die Unterweisungen seines Therapeuten Früchte. Björn gelingt es, feste Zeitinseln zu etablieren, die er mit seiner kleinen Tochter Emily verbringt.
Als Dragan sich anschickt, ihm in eine solche Zeitinsel zu grätschen, entledigt er sich voller Achtsamkeit seines anspruchsvollen Mandanten.
Dabei stellt er fest:
„Achtsam morden“ ist gar nicht so schwer!
Inhaltsverzeichnis
Karsten Dusse
Karsten Dusse (Dusse spricht man Düss) ist Jahrgang 1973 und arbeitet als Rechtanwalt für Miet- und Eigentumsrecht.
Durch seine Studentenjobs beim Fernsehen bekam er einen guten Kontakt zur Medienbranche. Inzwischen trat er in verschiedenen Sendungen auf und ist als Autor für diverse Fernsehformate tätig.
Bislang wurde er mit populär-juristischen Sachbüchern bekannt. „Achtsam morden“ ist sein erster Roman.
Leider gibt es von dem Autor noch keine Homepage. Vielleicht ändert sich das aber noch.
Achtsam morden – Meine Meinung
Achtsamkeit, Mindfulness oder sich „im Flow“ befinden – diese Begriffe sind seit einigen Jahren in aller Munde. Sie beinhalten unter anderem Geistesübungen, die genau genommen gar nicht so neu sind. Auch in den 1980er Jahren sprengten wir „den Fels der Unbewusstheit“ (Osho) und halfen uns mit allerlei Kursen und Ratgebern hin zu mehr Selbstfindung. Für mehr Informationen zu diesem Thema empfehle ich euch diesen Artikel auf Utopia.de.
Inzwischen lese ich Sachbücher, die in diese Richtung gehen, kaum mehr. Denn irgendwann hat man so ziemlich alles in dieser Angelegenheit durchgearbeitet. Und entweder kann man dies in seinem Alltag umsetzen oder nicht.
Und deswegen war ich auch ursprünglich an diesem Buch nicht besonders interessiert.
Da wäre mir aber einiges entgangen! Denn mit dem Buchtitel „Achtsam morden“ bedient Karsten Dusse auf erfrischende Art und Weise dieses bis zum Erbrechen strapazierte Stichwort. Und zugleich hat er den besten Ratgeber zum Thema Achtsamkeit geschrieben, den man sich vorstellen kann.
Wie kann man achtsam morden?
Genau genommen begeht der Protagonist Björn keinen einzigen Mord. Aber indem er sich durch die Ratschläge seines Achtsamkeits-Therapeuten Joschka Breitner arbeitet, lässt er das Geschehen ganz einfach zu. Und gleichzeitig nutzt er die alle aktuellen Entwicklungen zu seinem eigenen Vorteil.
Dabei profitieren nicht nur er, sondern auch seine Familie und die meisten Mitglieder von Dragans krimineller Bande. Und es ist köstlich, sich vorzustellen, wie hartgesottene Halbwelttypen auf Kinderstühlen sitzen und begeistert den „Schweigefuchs“ vorführen.
Joschka Breitner
Der Therapeut Joschka Breitner ist genauso fiktiv, wie sein Hauptwerk „Entschleunigt auf der Überholspur – Achtsamkeit für Führungskräfte“.
Aber man kann nicht umhin, sich einige seiner Aussagen zu merken. Am liebsten würde man sie sich notieren, wenn sich dabei nicht ein bisschen dämlich vorkommen würde.
Zum Beispiel:
„Wenn Sie vor einer Tür stehen und warten, stehen Sie vor einer Tür und warten.
Wenn Sie sich mit Ihrer Frau streiten, streiten Sie sich mit Ihrer Frau.
Das ist Achtsamkeit.
Wenn Sie vor einer Tür stehen und warten und die Wartezeit dazu nutzen, sich in Gedanken zusätzlich noch mit Ihrer Frau zu streiten – dann ist das nicht Achtsamkeit.
Dann ist das einfach nur blöde.“
Dabei ist es bemerkenswert, wie schön sich der Autor den Duktus aus diesem Bereich angeeignet hat.
Mein Fazit zu dem Roman „Achtsam morden“
Mit seinem ersten Roman ist Karsten Dusse ein wirklich großer Coop gelungen. Das Buch liest sich locker, leicht und gibt einem viel Anlass zum Schmunzeln. Selbst die blutigen, ekligen Szenen, mit denen man bei einer derartigen Rahmenhandlung unweigerlich konfrontiert wird, stören die ganze Harmonie nicht. Man ist einfach ganz im Einklang mit dem Hier und Jetzt.
Schön.
Wem könnte dieses Buch gefallen?
- Leser, die auf der Suche nach etwas neuem sind
- Alle, die sich auf die Suche nach sich selbst und mehr Achtsamkeit begeben wollen.
- Leser, die auf außergewöhnliche Weise gut unterhalten werden wollen
Für wen wäre dieses Buch eher nicht geeignet?
- Leser, für die Achtsamkeit und ähnliches einen beinahe religiösen Charakter haben
- Alle, die sich in allen Romanen immer über mangelnde Machbarkeit und Logik stören
- Leser, die sich gerade einmal nicht im Flow befinden.
Bibliografisches
- Titel: Achtsam morden
- Autor: Karsten Dusse
- Taschenbuch: 416 Seiten
- Verlag: Heyne Verlag; Auflage: Originalausgabe (10. Juni 2019)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3453439686
- ISBN-13: 978-3453439689
- Preis Stand August 2020: 9,99 Euro (Kindle), 10,99 Euro (Taschenbuch), 11,45 Euro (Audio-CD, gelesen von Matthias Matschke)
- Bestelllink Amazon
(Alle Angaben ohne Gewähr)
Achtsame Fortsetzung
Inzwischen gibt es auch schon eine Fortsetzung mit dem Titel: Das Kind in mir will achtsam morden.
Laut den allgemeinen Bewertungen könnten wir aber auf dieses Buch verzichten. Denn wie schreibt Joschka Breitner in seinem Buch „Entschleunigt auf der Überholspur – Achtsamkeit für Führungskräfte“ so schön:
„Lassen Sie nur an Ihrem Leben teilhaben, was Ihnen guttut. […]
Durch diese minimalistische Achtsamkeit werden Sie schnell feststellen, dass Sie sich selbst genung sein können.“
In diesem Sinne: alles klar!
***
Wie achtsam habt ihr nun meine Rezension gelesen? So auf einer Skala von eins bis zehn? Seid einmal ehrlich!
Text: Achtsam morden – Ein außergewöhnlicher Roman von Karsten Dusse ©sabienes-welt.de
Alle Fotos: Achtsam morden – Ein außergewöhnlicher Roman von Karsten Dusse ©sabienes-welt.de
7-8 :), denn ich Gedanken war im beim Regen draußen, in den ich gleich zu gehen habe, und beim Bloggerportal des Verlags, in dem mir das Buch schon gefühlt unendlich oft vorgeschlagen wurde und irgendwie fehlr mir der letzte Stupps, es lesen zu wollen, immer noch …
@Ines: Gib dem Buch eine Chance!
LG
Sabiene
Das klingt sehr erfrischend und gut geschrieben!
Liebe Grüße!
@Shadownlight: Auf jeden Fall! Und die Idee, das Konzept dieses Buches ist auch sehr erfrischend.
LG
Sabiene
Ich bin mir noch nicht sicher, ob das ein Buch für mich ist.
Ich stoße mich sehr an „abgelutschten“ Modewörtern wie Achtsamkeit, Nachhaltigkeit und stelle da gerne mal meine Stacheln auf.
Ich werde mal auf den Anstoß meines Inneren Kindes warten….
Liebe Grüße
Liane
@DieReiseEule: Mir ging es ganz ähnlich wie dir. Als ich zum ersten Teil den Titel las, war ich fast schon angewiedert. Und ich dachte, da reitet schon wieder einer auf diesem „abgelutschten“ Begriff herum. Aber ich bin sehr froh, dass ich mich zum dem Kauf habe durchringen können. Und zum Lesen – das Buch lag ein paar Monate auf meinem SUB.
Streckenweise hatte ich den Eindruck, dass der Autor diesen Hype ein wenig auf die Schippe nimmt. Zumindest bedenkt er diesen aber mit einem Grinsen. Und dann verwendet er die besten Aussagen für den Verlauf seiner Story. Das ist quasi angewandte Achtsamkeit – praxisnah und haushaltstauglich!
LG
Sabiene
Hallo Sabiene – ich lebe noch. Diesen Roman habe ich im vorbeigehen am Flughafen gekauft (als man noch frei fliegen konnte) ich habe mich köstlich amüsiert obwohl er manchmal grausig war. Mehrmals weiterempfohlen – alle waren hin und weg ob dieser Geschichte. Lg. Gabi
@Gabi: Das alle hin und weg gewesen sind, kann ich mir lebhaft vorstellen!
Schön, einmal wieder von dir zu hören.
LG
Sabiene
Eingang sprach mich dieses Buch insofern an, als bezüglich
„Achtsamkeit“ gleich in den Raum gestellt wurde, als sei sie nun „der
zehnte Aufguss des immer gleichen Esoterik-Tees‘. Auch war die Figur
des Achtsamkeits-Trainers Jochen interessant.
In den folgneden Kapiteln wurden die Späße immer derber und
schaler. Der Drehpunkt des Buches, an dem aus dem Rechtsanwalt Björn
der Clan-Chef wurde, war dann „typisch Krimi“, also nicht mein Genre. Es
reizt mich wenig, chiffrierte Informationsbrocken aufzulesen, sie so
oder anders zusammenzufügen, um damit finsteren Gestalten auf die Spur
zu kommen. Oft ist mir das zu hoch oder zu anstrengend. Doch später in
„Achtsam morden“ trifft man genausogut auf das Gegenteil: Nämlich Brocken,
deren Zweck, nämlich die Spannung aufrecht zu erhalten („Cliffhanger“) so
offensichtlich ist, dass man sich fragt, ob Autor Karsten Dusse einen
für blöde hält.
Die Achtsamkeits-Weisheiten vor den einzelnen Kapiteln wurden immer
krasser: „Lügen ist nötig“, „Lächeln macht Gewalt verdaulich“,
etc. Bald gingen sie mir nur noch gegen den Strich. Ich fragte mich:
Wird hier das Recht des Einzelnen zu Allem ausgerufen? Und „Der Zweck
heiligt die Mittel.“ Und „Gut ist, was gut für m i c h ist.“ Alles
asozial. Dass die Typen, von Dragan bis Boris, die im Laufe der
Handlung ihr Leben lassen und deren Leichen-Entsorgung makaber
ausgemalt wird, selbst hochgradig asozial sind, löst das Problem nicht
auf.
Das Personal des Buchs ist komplett widerwärtig: Die „Officer“ sind so
schlecht wie manipulierend und selbst manipulierbar. Nebengestalten
wie die Ehefrau Katharina, die Kindergarten-Gründer, die Kanzleichefs,
Polizisten, … allesamt sind auf einem Egotrip und dabei oder weniger
doof, also berechenbar. Einzige Ausnahme ist Emily, das Töchterchen
der Hauptfigur Björn. Ein unbeschriebenes Blatt. Am Ende des Buches
komme ich nicht der Prognose vorbei, dass Emily ihre Welt dereinst
als so verkommen erleben wird wie wir heute. Eine Welt, in deren
Zerrspiegel Karsten Dusse und seine Leser und Leserinnen in
befremdlichen Phantasien zueinander finden.
@Markus: Ich gebe dir in allen Punkten recht. In allen!
Aber du übersiehst eines: Dieses Buch ist reine Fiktion! Es ist genauso wenig realistisch, wie die Eberhofer-Krimis oder ein Rosamunde-Pilcher-Roman oder die Scheibenwelt-Bücher. Aber es hat einen gewissen Charme und man kann es lesen, um den Gehirnzellen ein bisschen Erholung zu gönnen.
LG
Sabiene