Eine Reha ist wirklich eine prima Erfindung!
Sie dient kranken, verletzten, verunfalten, operierten Menschen dazu, sprichwörtlich wieder auf die Beine zu kommen. Um dann – wenn dort angelangt – wieder möglichst normal und ohne Hilfen am Leben teilzuhaben.
Bei mir war es so, dass ich mir den Oberschenkelhals gebrochen hatte und daraufhin operiert werden musste. Üblicherweise ist nach einem solchen Eingriff die gesamte Muskulatur im Eimer – und nicht nur die am betroffenen Bein.
Und so kam ich zum zweiten Mal in meinem Leben in den Genuss einer orthopädischen Rehabilitationsmaßnahme, sprich Reha.
In diesem Artikel möchte ich euch erzählen, welche Erkenntnisse ich dort gewonnen habe und wie es mir gefallen hat. Dabei lasse ich Name und Ort der betroffenen Einrichtung (oder Anstalt?) einmal außen vor.
Inhaltsverzeichnis
Erkenntnisse aus der Reha. Oder: das Leben in der Rehabilitationsklinik
Große und bekannte Kurorte schmücken sich gerne mit dem angestaubten Flair eines Gesundbrunnens aus dem vorvorletzen Jahrhundert. Man sieht förmlich die gut gelaunten Patienten angetan mit Frack oder Sommerkleid zur Trinkhalle lustwandeln, vertieft in angeregte Unterhaltungen.
Diese Zeiten sind längst vorbei. Inzwischen haben wir mehrere Gesundheitsreformen samt einer Abwirtschaftung des Gesundheitswesens erlebt. Die großen alten Kurhäuser und -kliniken sind dem Rotstift und den gewinnorientierten Aktiengesellschaften zum Opfer gefallen.
Inzwischen sind die Häuser mehr oder weniger marode, denn für notwendige Modernisierungen fehlt ganz einfach das Geld.
Und so ist der Trinkbrunnen mit dem namensgebenden Heilquellenwasser ziemlich baufällig geworden.
Diese Zustände sollte man sich immer vor Augen halten, bevor man sich von seiner Maßnahme sowas wie ein Reha-Luxus-Resort-Spa-Dings erwartet. Denn die Tatsachen sind recht ernüchternd. Und das fängt bereits bei den Zimmern an, in denen man sich für die nächsten drei Wochen oder mehr häuslich einrichten wird.
Mein Zimmer im „Grand Hotel Budapest“
Fitte Patienten (so wie ich) bekommen meist ein Zimmer im etwas abgelegenen Altbau, einem ehemaligen Kloster. Laut Prospekt befinden sich dort die „hotelähnlich ausgebauten Räume“. Für mich hatte bereits der Flur zu meinem Zimmer etwas vom Stil des Grand Hotel Budapest mit seinem längst vergangenen Glanz.
Die Zimmer selber waren mehr als schlicht zu bezeichnen, stellenweise sogar abgewohnt. Vom Bad will ich einmal gar nicht reden!
Immerhin lag mein Zimmer sehr ruhig, hatte eine wunderschöne Aussicht und ein ganz brauchbares Wlan.
Im Grand Hotel Budapest herrschte die Erkenntnis:
Hoffentlich kann das der Hausmeister reparieren.
Die medizinische Versorgung
Natürlich gibt es in jeder Rehabilitationsklinik Ärzte und Krankenschwestern, die auf die Gesundheit der werten Insassen aufpassen. Da man für den aktuellen Hungerlohn nur wenig Mediziner für den Job des Stationsarztes gewinnen kann, werden hier gerne die Kollegen aus irgendeinem russisch-orthodoxischem Ausland eingestellt. Die gestaltet die allgemeine Kommunikation etwas schwerfällig.
Mit mir hatte diese Abteilung nur wenig Stress. Außer einer Magnesiumtablette habe ich kaum was gebraucht. Diese wurde mir handverlesen und einzeln überreicht.
Erkenntnis vor dem Schwesternzimmer:
Bin ich wirklich die Einzige, die keinen Medikamentenplan braucht?
Das Essen
Der Qualität und Quantität der gereichten Speisen wird oftmals mehr Bedeutung beigemessen, als Logis und medizinisch geschultem Fachpersonal. In meinem Fall schwankte der Geschmacks zwischen Schullandheim und extrem leckerem Mittagessen. Möglicherweise wurde hier nicht nur mit regionalen Zutaten, sondern auch mit Convience Food Produkten für die Gastronomie gearbeitet.
Das geschmackvolle Erkenntnis:
Schon wieder Hagebuttentee!
Therapie und Therapeuten in der Reha
Der Erfolg jeder Rehabilitationsmaßnahme steht und fällt mit den Therapeuten. Sie sind wichtiger, als die Mediziner und das Pflegepersonal. Denn diese Damen und Herren müssen sich schließlich mit unseren versehrten Gliedmaßen oder dysfunktionalen Organfunktionen herumärgern und sie auch noch heilen. Dabei darf man nicht vergessen, dass seit dem ersten Corona-Lockdown die von Haus aus nicht üppig bezahlten Physios in Kurzarbeit leben und bezahlt werden.
Echte Physiotherapie ist nicht immer angenehm und tut auch oft mal ein bisschen weh. Aber es lohnt sich, hier mitzuarbeiten und zeitweise sogar ein bisschen gegen den Schweinehund zu kämpfen. Ich habe es an meinen Mitpatienten erlebt, welche Fortschritte sie gemacht haben. Und an mir selbst habe ich es auch sehen können.
Ich war mit meinen Therapien und Therapeuten hochzufrieden. Dass es aber innerhalb von mehr als vier Wochen nicht gelang, das Schwimmbad zum Laufen zu bringen, lag an den Haustechnikern und der Verwaltung. Und das ist sehr schade.
Eine Erkenntnis, die ich von einem meiner Therapeuten gelernt habe:
„Du musst dem Körper einen guten Grund geben, damit er wieder Muskeln aufbaut!“
Das Leben in der Rehabilitationsklinik zu Zeiten von Corona
Die Covid-19-Pandemie hat natürlich auch in den Rehakliniken voll zugeschlagen. In meiner Klinik hieß es, dass inzwischen alle Pfleger und Therapeuten Corona gehabt haben – bis auf drei.
Zeitweise konnte der ganze Betrieb nur mit Stubenarrest aufrecht erhalten werden. Die Patienten durften dabei lediglich für die Therapien ihr Zimmer verlassen. Horror hoch zwei.
Inzwischen durften wir uns im Haus und auf dem Klinikgelände frei bewegen. Verlassen durften wir das Grundstück aber nicht. Also keine Besuche in der Stadt oder Spaziergänge in der weiten Landschaft.
Mit sinkenden Inzidenzwerten waren solche Vorgaben immer weniger durchsetzbar. Und wer weiß schon, wie weit so eine Grundstücksgrenze wirklich geht?
Natürlich herrschte im ganzen Haus Maskenpflicht und überall wurde desinfiziert, was das Zeug hält. Die Displays mancher Geräte im Kraftraum sind bereits bis zur Unkenntlichkeit desinfiziert worden. Denn diese Mittel sind wirklich sehr heftig und zerstören empfindliche Oberflächen und die Haut auf den Händen.
Die Abstandregeln in der Cafeteria, die umständliche Besuchsregelung und das Verbot, das Gelände zu verlassen, riefen unter uns Insassen sehr viel Unmut hervor.
Meine Erkenntnis zu den Sicherheitsbedingungen:
Draußen kann ich stundenlang herumlaufen, ohne dass ich mich oder andere mit Corona anstecke
Was trägt Frau von Welt auf der Reha?
Zum Schluss noch etwas aus der Abteilung Fashionblog. Denn die Frage, was man so auf einer Reha tragen sollte, ist interessant und essentiell.
Denn wenn man sich in den letzten Jahren aktiv mit Minimalismus und Capsule Wardrobe zu beschäftigt hat, lernt man nun, dass alles seine Grenzen hat. In der Reha braucht man keine große schicke Abendgarderobe, da man die meiste Zeit in Sportklamotten herumläuft. Und diese muss man täglich wechseln.
Zum Glück waren meine Sporttrikots schnell mal im Waschbecken ausgewaschen. Für alles andere gab es einen gut funktionierenden Wäscheservice im Haus.
Natürlich kann man sich auch von seinem lieben Ehemann Bekleidung mitbringen lassen. Oder man gibt bei einem Onlinehändler seines Vertrauens eine Bestellung auf.
Erkenntnis zum Dresscode:
Hauptsache sportlich, der Rest ist egal.
Sonstige Erkenntnisse aus der Reha
Das Leben in einer Rehaklinik ist ein Leben in einer ganz besonderen Situation, das mit nichts anderem zu vergleichen ist. Ein solcher Aufenthalt ist weder schön noch schlecht, aber im idealen Fall war er therapeutisch sinnvoll.
Ich hatte aber dennoch viele richtig schöne, tolle Momente in der „Anstalt“ mit seinem „Grand Hotel Budapest“. Selten habe ich an einem einzigen Ort so viele tolle, nette und liebenswerte Menschen kennengelernt. Wir haben viel geredet und gelacht und manchmal auch Mitgefühl gezeigt. Wir haben gemeinsam die Grundstücksgrenzen erweitert und uns bei jeder Abschiedsfeier haben wir versprochen, in Kontakt zu bleiben.
Ewig!
Und ganz bestimmt.
Wichtigste Erkenntnis aus der Reha:
Schön, dass es so nette Menschen gibt!
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Text: Erkenntnisse aus der Reha. Oder: das Leben in der Rehabilitationsklinik ©sabienes-welt.de
Alle Fotos: Erkenntnisse aus der Reha. Oder: das Leben in der Rehabilitationsklinik ©sabienes-welt.de teilweise unter Verwendung eines kostenlosen Stockfotos von Jon Flobrant / Unsplash
Danke fürs Mitnehmen in die Welt des Reha Aufenthaltes!
Liebe Grüße!
Ich habe gerade wieder erkannt, warum ich mich gegen Klinik / Reha und für normale Praxis entschieden habe :)
Nichts gegen die Patienten in der Reha – aber mir sind meine Praxis-Raupensammlungen lieber.
LG, Sabo
Ich freue mich, dass Du die Reha trotz aller Corona-Widrigkeiten gut überstanden hast. Ein wenig trostlos sieht es ja aus.
Liebe Grüße Sabine
Wie wahr, wie wahr.
Im grünen Wasser des Schwimmbades haben nur noch die Fische gefehlt. Dann noch ein paar Stühle und einen Tisch – das perfekte Ambiente, um den Wein für 11€ zu trinken🙄🍷😉
ich glaube, es steht und fällt sehr viel damit, wo man hinkommt. manche häuser sind richtig toll und man kann die zeit auch genießen, andere sind wirklich beinahe wie krankenhäuser und man fühlt sich durchgehend als patient. gut, dass das fazit für dich immerhin war „therapeutisch sinnvoll“ – das ist ja schonmal was. ich hoffe, du konntest dich gut erholen und bist wieder weitgehend mobil!
liebe grüße aus wien!
Willkommen zurück Sabiene in der verrückten Bloggerwelt!
Schade, dass du ausgerechnet in der Coronazeit in die Reha musstes und ein nicht wirklich zufriedenstellenden Aufenthalt hattest. Aber letztendlich ist ja die Heilung vordergründig! Und bitteschön, sauber muss es sein!!!
Da hatte ich mehr Glück in Bad Nauheim, als ich mit meiner Vorbereitung zum Cochlear-Implantat dort war.
Nun schaust du halt bei dir zu Hause mal, dass du wieder richtig auf die Beine kommst.
Liebe Grüße
Anne
Hallo Sabine,
auch ich war Anfang des Jahres in einer Reha. Die ersten 1,5 Tage waren für mich nicht leicht. Ich musste auf dem zugegebenermaßen kleinen Zimmer ausharren, bis das Testergebnis vorlag. Klar, sind nicht viele Kliniken auf dem neuesten Stand. Aber ich wertschätze die Arbeit der Mitarbeiter, die bemüht waren, mir einen optimalen Aufenthalt zu bieten. Ich habe die Zeit gut genutzt, auch wenn ich nicht alle gewünschten Therapien erhielt, und bin gestärkt und v. a. auch total motiviert wieder in den Arbeitsalltag zurückgekehrt. Rückblickend kann ich nur sagen, ich habe mich dort wohlgefühlt und auch mit kleinen Dingen was für meine Gesundheit getan.
@Chris: Die Bedingungen in den Rehas Anfang des Jahres müssen wirklich die Hölle gewesen sein. Gut, dass im Mai-Juni die Inzidenzwerte wieder am Sinken gewesen sind.
Du hast anscheinend das beste aus deinem Aufenthalt gemacht – gut so!
LG
Sabiene