Ich habe lange mit mir gehadert, ob ich wirklich in Corona-Zeiten einen Reisebericht über Sizilien schreiben sollte.
Aber eine Reaktion auf meinen Jahresrückblick 2021 beinhaltete die Bitte, dies doch zu wagen.
Denn vielleicht gibt es an trüben Tagen kaum etwas schöneres, als von sonnigen Urlaubszielen zu lesen.
Ich habe mir diesen Artikel das Format „Erkenntnisse“ gewählt, weil es mir doch einiges an dichterischer Freiheit erlaubt und kurz und knackig zu schreiben ist.
Vorsicht! Dieser Artikel ist ein wenig lang geworden, sorry. Aber schließlich ist Sizilien die größte Insel im Mittelmeer!
Deswegen verdient sie auch ein bisschen mehr Platz.
Inhaltsverzeichnis
Unsere Tour durch Sizilien
Ich beginne mit ein paar Eckpunkten über diese Reise.
Wir hatten der Einfachheit halber eine elftägige Rundreise Halbpension mit verschiedenen Übernachtungen und maßgeschneiderten Routenplan gebucht. Bei den Übernachtungen handelte es sich bis auf das Hotel in Taormina um Agriturismo-Unterkünfte, das sind ehemalige ausgebaute Bauernhäuser. Und die meisten sind wirklich sehr komfortabel eingerichtet.
Unsere Tour führte uns von Palermo aus mit dem Mietwagen in den Nordwesten erstmal nach Trapani. Danach ging es zurück über Monreale in Richtung Süden.
Nach zwei Tagen auf dem Land bei Cammarata ging es ganz runter an die Südküste bei Agrigento. Danach führte uns unser Weg wieder ins Landesinnere nach Piazza Armerina. Letztendlich landeten wir in Taormina im Osten der Insel, wo wir uns drei Tage lang erholten, um dann über Catania wieder nach Hause zu fliegen.
Unterm Strich haben wir innerhalb von elf Tagen etwa 1.300 Kilometer herunter gerissen und dabei enorm viel gesehen.
Meine Erkenntnisse über Sizilien, die ich nicht für möglich gehalten hätte
Ich weiß nicht, wie du dir Sizilien vorstellst. Aber für mich was das immer eine Insel, auf der arme, von der Mafia geknechtete Menschen leben in einer kargen, ausgedörrten Vegetation leben müssen.
Aber weit gefehlt.
1. Erkenntnis: Sizilien ist groß und facettenreich
Früher, als das Mittelmeer noch als der Mittelpunkt der bekannten Welt galt, war Sizilien der Nabel dieses Universums. Wer hier seinen Fuß in der Tür hatte, konnte das komplette Mittelmeer kontrollieren.
Etliche Völker schauten hier vorbei und gründeten Kolonien: die Griechen, Karthager, Mauren, Spanier, Normannen, Ostgoten und mehr.
Die Insel war über Jahrhunderte hinweg das Mekka für alle damals bekannten Wissenschaften und Künste. Deswegen wollte der Staufer-Kaiser Friedrich II von dort nicht mehr weg und schon gar nicht ins geistig und metereologisch unwirtliche Deutschland.
Ich habe Griechenland an dorischen Säulen in den Himmel geblickt, bin an den Theodosianischen Mauern in Istanbul entlang spaziert und habe das Colosseum in Rom besucht. Die Mühe hätte ich mir sparen können, denn auf Sizilien hätte ich dies alles auch finden können.
Dazu passt, dass man hier mittlerweile ein Interesse an der Erhaltung der Bauwerke und einen besonderen Sinn für Kunst entwickelt hat.
2. Erkenntnis: Wanderlust auf Sizilien
Sizilien ist nicht unbedingt für sein Strandleben bekannt, obwohl es tatsächlich ein paar nette Badestrände geben würde. Dafür kann man hier etliche Wanderungen unternehmen und diese drei haben wir gemacht:
- Eine Küstenwanderung im Naturpark Zingaro zwischen Palermo und Trapani. Auf diesem traumhaften, leicht zu gehenden Rundweg entlang der Küste kann man an einigen Stellen sogar im Meer baden. Aber man darf nicht den Fehler machen, zu spät loszugehen, denn die Sonne knallt hier wirklich unbarmherzig runter!
Außerdem kann man nirgendwo einkehren und muss sich im Vorfeld mit Getränken und Essen versorgen.
- Der Grand Canyon von Noto
Die kleine Stadt Noto liegt in der Nähe von Agrigento und zeichnet sich dadurch aus, dass hier die sizilianische Antwort auf den Gran Canyon zu finden ist.
Eigentlich ist der Weg in die Schlucht nach einem Waldbrand gesperrt. Das macht aber nichts, Man muss lediglich mit Hilfe einiger Bierkästen über das Gatter klettern.
Der Weg ist geht steil bergab und auch wieder genauso steil bergauf und ist nur für geübte Wanderer mit jungen Gelenken zu empfehlen.
- Ein ganz besonders schöne Wanderung haben wir am Ätna gemacht. Aber dazu gibt es weiter unten ein eigenes Kapitel.
3. Erkenntnis: Mafia? Gibt es nicht!
Einen Sizilianer nach der Mafia zu fragen ist wahrscheinlich genauso unpassend, wie einen Deutschen nach den Nazis.
Die Mafia gibt es noch ein bisschen. Aber der typische Mafiosi beschäftigt sich heutzutage mit anderen Dingen, als seine Vorfahren, die „Leoparden“ vor 50,100 oder mehr Jahren.
Zum Beispiel mit der Müllabfuhr.
Was dazu führt, dass es keine funktionierende Abfallwirtschaft gibt. Entlang der Landstraßen findet sich kaum eine Parkbucht, in der sich nicht die Mülltüten stapeln.
Die Sizilianer haben jahrhundertelang unter dem Joch der mächtigen Familien gelitten. Mein Respekt gilt all denjenigen, die versucht haben, sich dagegen zu wehren.
4. Erkenntnis: Souvenirs und Mitbringsel
Was habe ich für ein Glück, dass ich mittlerweile kein typischer Käufer von Souvenirs mehr bin. Denn was man da so in den Andenkenläden zu sehen bekommt, ist mitunter wenig anstrengend (um es mal diplomatisch auszudrücken)
Testa di Moro
Laut Legende verführte im 12. Jahrhundert ein böser Maure ein schönes Mädchen aus Palermo.
Als er sie dann sitzen ließ, war sie so sauer, dass sie ihn enthauptete. Den Kopf nutzte sie dann als Kräutertopf auf ihrem Balkon. Als die Leute bemerkten, wie üppig der Basilikum der Dame wächst, dachten sie sich, dass dies an dem wundersamen Übertopf liegt und bauten ihn aus Keramik nach.
Diese Sage ist nicht nur eklig, sondern auch noch rassistisch. Die Köpfe sind in der Regel sehr hässlich und man sieht sie überall. Und ich frage mich, wer ernsthaft in Erwägung zieht, sowas zu kaufen.
Trinacria
Einen appetitlicheren Hintergrund liefert die Trinacria oder auch Trinakria oder Drei-Kap und auch sie ist an jeder besseren Ecke zu finden.
Trinakria ist der griechische Name von Sizilien und dieser wurde bereits von Homer erwähnt. Auch heute ziert dieser Dreifüßler, der die Form der Insel wiederspiegelt, die Flagge der Autonomen Region Sizilien. Und das hat die Insel mit der britischen Isle of Man und Füssen im Allgäu gemeinsam.
Ich habe mir weder das eine noch das andere mitgebracht. Aber eine Schneekugel durfte dann doch bei mir ins Gäste-WC einziehen:
Mein Tipp für richtig gute Mitbringsel:
Besuche den örtlichen Supermarkt und kaufe dort einheimische Spezialitäten, wie Pasta, Soßen oder Wein für alle Daheimgebliebenen und für dich!
5. Erkenntnis: Taormina ist das Oberammergau von Sizilien
Die quirlige Stadt Taormina ist wunderschön und malerisch und interessant. Zugleich ist sie aber auch überlaufen und teuer. Wir hatten uns entschlossen, die letzten drei Tage unserer Reise hier zu verbringen, weil wir den Ätna erkunden wollten.
Aber wer hier einmal einen Parkplatz erwischt hat, will ihn nie wieder verlassen. Und so blieben wir weitestgehend vor Ort.
Würde ich noch mal vor der Wahl stehen, würde ich mich in einer der umliegenden Gemeinden einmieten und dann mit dem Bus oder dem Taxi nach Taormina fahren. An einem Ort, an dem die Kosten für einen Aperol Sprizz mehr als 10 Euro betragen können, würde ich trotz der Fahrtkosten eine Menge Geld sparen.
6. Erkenntnis: Auf dem Ätna gibt es was zu lernen
Der Ätna ist mit seinen gut 3.000 Meter der höchste aktive Vulkan in Europa.
Für dessen Erkundung hatten wir eine geführte Tour gebucht und das war eigentlich unser großes Glück. Denn am Fuße des schönen Berges lebt der deutsche Vulkanologe Boris Behnke, der den italienischen Führern regelmäßig Nachhilfe gibt. Und so kann man auf einer solchen Tour viel lernen, auch wenn ich nun die Unterschiede der verschiedenen Lavasorten nicht mehr richtig erklären könnte.
Wenn man gerade in der Nähe ist, sollte man sich die Alcantara-Schlucht mit ihren Basalt-Säulen nicht entgehen lassen. Und wenn du so schlau bist und dir Badeschuhe mitgenommen hast, wirst du noch viel mehr Freude an diesem Naturereignis und dem eiskalten Wasser im steinigen Bach haben!
7. Erkenntnis: Spaghetti Bolognese ist kein typisch sizilianisches Essen
Man sollte in der Fremde immer das essen, was auch die Einheimischen zu sich nehmen. Soweit es mich betrifft, habe ich mich an Granité oder Granita gehalten.
Dabei handelt es sich um eine Art Sorbet, das aus den verschiedensten Fruchtsäften und Früchten bestehen kann. An heißen Tagen gibt es kaum etwas erfrischenderes. Und mit dem traditionellen Brioche dazu hätte man auch fast schon eine komplette Mahlzeit.
Ein Rezept für diese Köstlichkeit findest du auf der Seite von Utopia.
Arancini liegen überall in den Frischhaltetheken aus. Dabei handelt es sich um frittierte Reisbällchen mit Fleisch und Gemüse.
Und mit Sägespänen. Ganz alten Sägespänen.
Aber sie sehen hübsch aus!
Wenn du gerne Meeresfrüchte und Fisch ist, wirst du auf Sizilien wahrscheinlich nicht verhungern. Und statt Spaghetti Bolognese kennt die sizilianische Küche viele andere Pastagerichte.
Was schön war und worauf ich gerne verzichtet hätte:
Positiv:
- Die vielseitige Landschaft
- Die freundlichen Menschen
- Die alten Bauwerke und Denkmäler
- Unser Art-Hotel in Taormina
Negativ:
- Der Mordversuch anhand überscharfer Spaghetti alio e olio
- Drei-Gänge-Menus nach 8 Uhr abends
- Die Unmöglichkeit, sich in Ortschaften zu orientieren
- Eine als Agriturismo-Hotel getarnte Barackensiedlung mit eigener Mausefalle vor der Tür
Berühmte letzte Worte
Keine Angst, jetzt ist dieser Artikel gleich zu Ende.
Ich will dir nur abschließend versichern, dass ich Sizilien jederzeit wieder besuchen würde! Wenn du die Insel bereits kennengelernt hast, dann freue ich mich über deine Tipps!
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Text: Meine Erkenntnisse über Sizilien, die ich nicht für möglich gehalten hätte ©sabienes-welt.de
Alle Fotos: Meine Erkenntnisse über Sizilien, die ich nicht für möglich gehalten hätte ©sabienes-welt.de