Der Enkeltrick ist genauso simpel, wie erfolgreich. Im Grunde geht es darum, dass Senioren auf irgendeine Art und Weise um ihr Erspartes gebracht werden. Inzwischen gibt es bei diesem Geschäftsmodell mehrere Variationen. Und laut unserer Tageszeitung erfreute sich in meiner Region besonders eine dieser Methoden in der letzten Zeit einer beachtlichen Erfolgsquote.
Und nein, ihr seid nicht versehentlich auf Nepper, Schlepper, Bauernfänger gelandet! In diesem Artikel werde ich drei Variationen dieser Abzockerei beschreiben und euch ein paar Tipps geben, wie ihr eure Angehörigen und euch selbst dagegen schützen könnt.
Denn auch, wenn ihr im Moment noch nicht zur Zielgruppe gehört, gibt es vielleicht in eurer Familie, Bekanntenkreis oder Nachbarschaft ein paar willige Opfer. Außerdem kann es nicht schaden, wenn bestimmte Verhaltensregeln in Fleisch und Blut übergehen.
Inhaltsverzeichnis
Der Enkeltrick und seine Variationen – Abzocke in den besten Jahren
Die Täter suchen sich im Telefonbuch ihre Opfer nach Vornamen und Wohngegend aus. Ein altmodischer Vorname, wie Edelgard oder Willibald wohnhaft in der Parkallee sind da sehr vielversprechend. Dann wird den Opfern am eine hanebüchene Geschichte über eine Notlage erzählt mit der Bitte um finanzielle Unterstützung. Das Fiese an diesem Vorgehen ist, dass dabei die Hilfsbereitschaft und die Unsicherheit älterer Menschen schamlos ausgenutzt wird.
Dahinter steckt eine Bandenkriminalität, die über verschlungene Wege ins Ausland führt. Der Polizei ist schier unmöglich, die Köpfe der Banden zu ermitteln.
Der klassische Enkeltrick
Angeblich nahm der klassische Enkeltrickbetrug 1999 in Hamburg seinen Anfang.
Dabei werden Edelgard oder Willibald von einem vermeintlichen Enkel oder Neffen (Enkelin, Nichte) angerufen und in ein Gespräch verwickelt. Meistens beginnt es mit Floskeln, wie „Jetzt rate mal, wer ich bin!„.
Da Senioren ja immer Angst haben, der Senilität oder Demenz bezichtigt zu werden, gehen sie darauf ein und nennen Namen. Und schon hängen sie an der Angel und werden um Geld angeschnorrt. Der vermeintliche Enkel befindet sich in einer Notsituation, vielleicht sogar im Ausland und muss sich kurzfristig ein paar tausend Euro leihen. Und Edelgard oder Willibald helfen natürlich.
Der „Wir-helfen-der-Polizei“-Enkeltrick
Das ist kein Enkeltrick im wörtlichen Sinne, aber die Vorgehensweise ist ähnlich. Diese Betrugsform ist seit über einem Jahr der absolute Renner bei uns am Bayerischen Untermain. Nicht selten verloren Senioren auf diese Art und Weise Geld und Wertsachen im fünfstelligem Bereich.
Dieser Trick funktioniert besonders gut, wenn Edelgard oder Willibald dank diverser Krimis und Aktenzeichen XY bereits kriminalistisch geschult sind. Und so wird’s gemacht:
Der Anrufer behauptet, von der Polizei zu sein und aktuell einer Einbrecherbande auf der Spur zu sein. Diese würde „gerade in Ihrer Straße“ ihr Unwesen treiben. Nun bittet der Herr Polizist um aktive Mithilfe. Die Opfer werden gebeten, zu ihrer eigenen Sicherheit alle im Haus befindlichen Wertgegenstände in eine Tasche zu packen und „vorläufig“ einem Kollegen auszuhändigen. Natürlich bekommen sie nach der Aktion ihr Hab und Gut wieder zurück.
Und natürlich sehen sie es nie wieder.
Der Corona-Enkeltrick
Dank der Corona-Epidemie hat sich diese Variation sehr schnell etabliert. Im Prinzip läuft das ähnlich ab, wie bei dem oben genannten Klassiker.
Während der Schließung der Grenzen, als etliche Bundesbürger noch im Ausland festsaßen, wurde Edelgard oder Willibald für eine angebliche Rückführung um finanzielle Unterstützung gebeten.
Inzwischen ist das nicht mehr plausibel. Dafür ruft der angebliche Anverwandte an und behauptet, an Corona erkrankt zu sein. Natürlich braucht für die erforderliche Behandlung auf die Schnelle ganz viel Geld, damit er nicht stirbt.
Wir sehen, dass sich Betrüger für keine Geschmacklosigkeit zu schade sind.
Wie könnt ihr eure Angehörigen und euch selbst schützen?
Das klingt alles ganz schön übel und gemein, oder? Und das ist es auch. Dabei ist die Dunkelziffer auch noch enorm hoch. Denn viele Senioren schämen sich, auf einen solchen Betrug hineingefallen zu sein und schweigen.
Aber wie schützt man Oma und Opa gegen eine solche Bauernfängerei?
Das ist natürlich gar nicht so einfach, wenn unsere Angehörigen nicht über Gelddinge sprechen wollen. Oder der Meinung sind, sowieso alles zu wissen. Manchmal ist es geschickter, ihnen Fallbeispiele zu erzählen. Einige sind schlecht ausgegangen, andere nicht, denn „… die Frau Meyer hat einfach aufgelegt und bei der Polizei angerufen!“
Das ist nämlich ganz wichtig, dass die designierten Opfer lernen, dass sie auch mal ein bisschen unhöflich sein dürfen und sich Zeit ausbedingen. Macht euren älteren Familienmitgliedern klar, dass sie sich bei Verwandten oder Freunden schlau machen sollen oder bei der nächsten Polizeistation um Rat bitten.
Übrigens konnten schon etliche Betrugsversuche vereitelt werden, weil das Fräulein von der Bank bei der Auszahlung der hohen Geldsumme Verdacht geschöpft hat.
Wir sollten wirklich immer ein Auge auf unsere Mitmenschen haben.
Checkliste gegen Enkeltrickbetrug
In solchen Fällen kann eine Checkliste helfen. Diese kann aus ein paar einfachen Punkten bestehen, die ihr mit euren Angehörigen einüben könnt:
- Nachfragen: Wenn du mein Enkel bist, dann weißt du bestimmt noch den Namen vom Opa/meiner Katze/meinem Kanarienvogel
- Nichts erzählen: Keine Details zur Familie oder der finanziellen Situation beantworten
- Vertrauensperson: Ein Familienmitglied, Freund, Vertrauten oder die Polizei anrufen. Niemals die Nummer wählen, die der Anrufer vielleicht gegeben hat oder die Nummer auf dem Display. Denn diese Anzeige kann gefälscht sein.
- Kein Bargeld an Fremde
- Telefonat beenden. Auch wenn das unhöflich ist.
Sind nur Senioren Opfer von Trickbetrug?
Wir sind jung und schlau und stark und uns kann sowas gar nicht passieren? Denkste! Auch ich bin vor Jahren einmal einem Telefonbetrug aufgesessen. Damals ging es natürlich nicht um eine Enkeltrickserei, sondern um (angebliche) Werbung für meine Firma. Die Telefonverbindung war so schlecht, ich musste mich so konzentrieren, um den Anrufer zu verstehen, dass der Rest meines Gehirns außer Kraft gesetzt wurde. Als ich dann eine horrende Rechnung für nix bekam, wäre ich fast in Ohnmacht gefallen.
Gottseidank wurde ich von einer Unternehmerin im Nachbarort kontaktiert, die auf die gleiche Art und Weise über den Tisch gezogen wurde. Wir haben dann die Angelegenheit dem Anwalt übergeben und alles wurde wieder gut.
Ich erzähle das nur um zu zeigen, wie schnell so ein Betrug über die Bühne gehen kann. Die schlechte Telefonverbindung und ein schwer leserliches Fax gehörten dabei zur Masche dazu.
Und wer weiß? Vielleicht ist in 15 Jahren mein Name komplett aus der Mode. Und bin bis dahin tüdelig genug, um ein dankbares Opfer für den Enkeltrick-Betrug zu sein.
Quellenangaben:
- Themenseite des Bundeskriminalamts (BKA)
- Weisser Ring
- Polizei Hessen. Ganz unten auf der Seite findet ihr noch ein paar Downloads und Linktipps zum Thema Enkeltrick.
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Kennt ihr noch andere Betrugsmaschen, die in Richtung Enkeltrick gehen? Dann erzählt das mir und den anderen Lesern!
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Text: Der Enkeltrick und seine Variationen – Abzocke in den besten Jahren ©sabienes-welt.de
Alle Fotos: Der Enkeltrick und seine Variationen – Abzocke in den besten Jahren ©sabienes-welt.de unter Verwendung von kostenlosen Stockfotos von SamWilliamsPhoto/Pixabay und Jeremy Weber/Unsplash